Seit einiger Zeit kann man auf der Straße bei einige, vor allem jungen, Menschen ein seltsames Verhalten beobachten. Die omnipräsenten Smartphones werden schräg vors Gesicht gehalten und man spricht mit und in die Kante desselben. Diese Körperhaltung lässt sich am besten mit jener vergleichen, die eine Person einnimmt, um in eine einseitig belegte Stulle zu beißen: Die Hand führt die Stulle mit gespreizten Fingern zum Mund, dieser öffnet sich und beißt ein Stück ab.
Doch hier wird nichts abgebissen! Der Mund öffnet und schließt sich wieder, der Mensch spricht „auf Kante“, redet unaufhörlich auf dieses eckige Stück Aluminium ein, als ob er es von der Wichtigkeit und Bedeutung seiner Gedanken überzeugen müsste.
In jenem „Auf-Kante-Sprechen“, das seinen Ursprung in der Beliebtheit von WhatsApp und ähnlichen Plauderdiensten hat, vereinen sich also mindestens zwei, wenn nicht drei Körperbewegungen, die bislang einzelnen Tätigkeiten vorbehalten waren: das Sprechen, das Essen einer Stulle sowie das Aufsetzen eines mehr oder minder wichtigen Gesichts.
Der unbeteiligte Beobachter mag darüber lächeln oder das Spektakel zu ignorieren versuchen, die meisten Kante-Sprecher machen jedenfalls keine gute Figur. Sie erinnern an kleine Jungs, die mit zerlumpten Hosen durch die Büsche streifen und in ihr Walkie-Talkie flüstern, dass sie den Räuber im Blick haben und ihn mit ihrem Gegenüber jetzt einkreisen werden. In den meisten Fällen dürften die Kanten-Gespräche das Niveau solcher Spielereien auch nicht überschreiten.
Während man mancher jungen Schnepfe, die laut, ungeniert und nöselig in ihre Kante plappert, wünsche würde, dass ein kleines Stolpern dazu führe, dass sich ihr Aluminium-Scheibchen ruckartig und zielstrebig in Richtung Mundhöhle bewegt, um sich dort zu etablieren, sollte der souveräne Beobachter stets versuchen, über den Dingen zu stehen und das plapperhafte Treiben um sich herum zu ignorieren. Es schickt sich nicht, unbekannten Leuten Böses zu wünschen, doch mitunter wünscht man sich ein schnelles Entladen des Akkus zum Wohle der Gemeinschaft.